Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden. Am 18. August 2016 hat der G-BA die Einleitung des Bewertungsverfahrens der Nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) zur Bestimmung des Risikos von fetaler Trisomie 13, 18 und 21 mittels molekulargenetischer Tests beschlossen (Pressemitteilung s. hier). Es soll geprüft werden, ob ein nicht-invasiver molekulargenetischer Test (wie z. B. der "Pränatest") künftig von den Kassen bezahlt wird. Die Beratungen dauern drei Jahre.
Am 22. März 2019 veröffentlichte der G-BA einen Beschlussentwurf zur Anwendung nicht-invasiver Pränataltests (NIPT) im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien und leitete das entsprechende Stellungnahmeverfahren ein. Bei den Tests, auf die sich das Verfahren bezieht, geht es um die Klärung des Vorliegens einer Trisomie 13, 18 oder 21 (Down-Syndrom). Der Beschlussentwurf sieht vor, dass eine Durchführung auf Kosten der Gesetzlichen Krankenkassen möglich sein soll, "sofern ein entsprechender Test geboten ist, um der Schwangeren eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation hinsichtlich des Vorliegens einer Trisomie im Rahmen der ärztlichen Begleitung zu ermöglichen". Noch offen ist die Frage, ob der Test erst ab der 12. Schwangerschaftswoche oder auch schon vorher durchgeführt werden darf. Behindertenverbände fürchten, dass eine Kassenfinanzierung der Tests den Druck auf Frauen und Paare erhöhen könnte, ihr ungeborenes Kind untersuchen und ggf. einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen zu lassen. Im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens haben wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer, die Gendiagnostik-Kommission und zahlreiche weitere Organisationen die Gelegenheit, die vorgesehenen Änderungen der Mutterschafts-Richtlinien fachlich zu prüfen. Auch der Deutsche Ethikrat und die Akademie für Ethik in der Medizin wurden zur Stellungnahme aufgefordert. Am 19. September 2019 erfolgte schließlich der Beschluss des G-BA.
Um die Schwangeren dabei zu unterstützen, eine eigenständige, informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sie diese vorgeburtliche genetische Untersuchung für erforderlich halten oder nicht, wurde bereits 2017 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) damit beauftragt, eine Versicherteninformation zur Pränataldiagnostik und speziell zu den nicht-invasiven Bluttests auf die Trisomien 21, 18 und 13 zu erstellen. Den Abschlussbericht vom 4. Januar 2021 inkl. der Versicherteninformation finden Sie hier.
Im März 2021 rief der "Runde Tisch NIPT als Kassenleistung" den Bundestag dazu auf, sich erneut mit dem Thema zu befassen. Zwischen den Positionen der Abgeordneten in der Orientierungsdebatte und den Ergebnissen im Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) befänden sich Widersprüche, z.B. hinsichtlich des Bedarfs einer vorliegenden medizinischen Indikation. Der Aufruf (hier abrufbar) wurde u.a. auch vonverschiedenen kirchlichen und diakonischen Stellen unterstützt.
Am 19. August 2021 nahm der G-BA schließlich die überarbeitete Versicherteninformation an, womit der Beschluss vom September 2019, dass die nicht-invasiven Bluttests für Schwangere auf die Trisomien 21, 18 und 13 künftig von den Krankenkassen bezahlt werden, umgesetzt wurde. Die Pressemitteilung dazu finden Sie hier. Die beiden Kirchen betonten daraufhin wiederholt den Stellenwert und die Wichtigkeit eines umfassenden, auch psychosozialen, Beratungsangebots im Kontext von nicht-invasiver Pränataldiagnostik (siehe z.B. folgende Meldung auf www.evangelisch.de).